America Today

RFID-Rollout in 70 Stores innerhalb eines Monats

Für die RFID-basierte Erfassung von mehr als 15.000 Teilen benötigt ein Mitarbeiter rund eine Stunde. Der RFID-Einsatz reduziert den zeitlichen Aufwand bei Inventuren und Wareneingängen um über 90 Prozent.

Cloud-basierte UHF-RFID-Applikation reduziert den zeitlichen Inventuraufwand um mehr als 90 Prozent und erhöht die Bestandsgenauigkeit auf fast 100 Prozent

Das Kaufverhalten der Kunden stellt heute komplexe Anforderungen. Kunden wünschen den Store-in-a-Pocket. Das bedeutet: mehr Online- Services. Die Grundlage ist eine Bestandsgenauigkeit von nahezu 100 Prozent. Der Weg dahin führt über eine RFID-Lösung. Sämtliche Artikel der America-Today Eigenmarke – die rund 90 Prozent aller verkauften Waren ausmachen – werden werden bereits in der Produktion mit RFID-Labeln getaggt.

Charlotte den Heijer, Merchandise Planner & RFID-Teammitglied, im Interview mit RFID im Blick.

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Ohne RFID kein Omnichannel

Um das Einkaufserlebnis für Kunden so optimal wie möglich zu gestalten, will der niederländische Fashion-Retailer Omnichannel Angebote schaffen. Dazu zählen Ideen wie „Ship from Store“ oder „Click and Reserve“. Der notwendige Schritt in diese Richtung ist die Generierung exakter Bestände in Echtzeit. Mit einem Inventurintervall von zwei Jahren war diese Zielsetzung nicht möglich.

Das Unternehmen entschied sich 2018 in allen 70 Filialen eine RFID-Lösung zu installieren. Artikel der America-Today Eigenmarke werden inzwischen zu 90 Prozent bei der Produktion getaggt. Zugelieferte Waren labeln die Mitarbeiter im Wareneingang des Lagers nachträglich. Im Shop ist jedes Produkt mit RFID-Labeln versehen. „Unsere Zielgruppe ist jung, offen und digital – das spiegelt sich auch im komplexen Kaufverhalten wider“, berichtet Charlotte den Heijer. "Auf der Basis der RFID-Technologie testen wir aktuell verschiedene Omnichannel Angebote.“

Alle zwei Jahre 280 Tage Inventur

Von den verkauften Fashion-Artikeln entfallen 90 Prozent auf das Unternehmenseigene Label 'America Today'. Die restlichen 10 Prozent stammen von bekannten US-Modemarken wie Levi's, Tommy Hilfiger oder Calvin Klein. Vor der RFID-Integration fanden in den 70 Stores alle zwei Jahre komplette Bestandsinventuren statt. Insgesamt waren dafür 280 Arbeitstage notwendig – vier Arbeitstage pro Fililale. Bis zu 560 Mitarbeiter waren an einem kompletten Tag ausschließlich mit dem händischen Zählen und Dokumentieren der Bestände beschäftigt. Die durchschnittliche Bestandsgenauigkeit lag bei 75 Prozent. Ein weiterer Arbeitsaufwand war der Wareneingang. Ein Mitarbeiter in jeder Filiale war täglich rund zwei Stunden mit der Vereinnahmung von Waren beschäftigt.

Heute findet Inventur einmal in der Woche statt. Ein Mitarbeiter erfasst innerhalb einer Stunde über 15.000 Artikel. Die Bestandsgenauigkeit erhöhte sich auf durchschnittlich 98 Prozent. Wareneingangserfassungen sind innerhalb von fünf Sekunden abgeschlossen.

Pilot in 3 Stores 2018, Rollout auf 70 Stores 2019

Im Juni 2018 begann die 3-monatige Pilotphase in Zusammenarbeit mit einem niederländischen Integrator in drei Musterfilialen. Die Musterfilialen deckten drei unterschiedliche Storetypen (sehr große Verkaufsfläche, kleine Verkaufsfläche, hohe Diebstahlquote) ab. Obwohl im August 2018 Angebote anderer Lösungsanbieter eingeholt wurden, war schnell klar, dass der niederländische Systemintegrator für America Today technologisch und kooperativ der beste Partner war.

Die Ergebnisse des Piloten gaben bereits im November 2018 den Ausschlag für die Entscheidung zum Rollout. Zwischen Dezember 2018 und Januar 2019 fand die Umstellung auf einen Source Tagging-Prozess statt. Ende 2019 startete der finale Rollout in insgesamt 70 Filialen. Die Verkaufsmitarbeiter wurden innerhalb von drei Wochen nach einem Trainer-zu-Trainer-Konzept geschult. Fünf Mitarbeiter wurden initial zu RFID-Trainern ausgebildet und haben die Filialleiter anschließend geschult, um das Know- How an alle Mitarbeiter weiterzugeben.

Spaß an der Inventur mit Freizeitbonus

Die grundlegende Funktionalität der RFID-Technologie zur Reduzierung des Inventuraufwandes und Erhöhung der Bestandsgenauigkeit wurde bereits in den Pilot-Stores abschließend evaluiert. „Die technologischen Herausforderungen samt der Abstimmung von Hard- und Software sind nur ein Teil unserer Lösung“, blickt Charlotte Den Heijer zurück und führt aus: „Ebenso wichtig ist, dass unsere

Mitarbeiter mit der Lösung arbeiten können und sie die Technologie als Unterstützung ansehen. Das konnten wir unter anderem mit unserem Schulungssystem erreichen.“ Darüber hinaus wurde ein Bonus-System eingeführt: „Erreicht eine Filiale bei einer Inventur mindestens 98 Prozent, kann die Inventur in der darauffolgenden Woche ausgesetzt werden. Die Mitarbeiter erhalten einen Freizeitbonus. Dieser Mini-Wettbewerb unter den Filialen motiviert die Kollegen zusätzlich, die RFID-Technologie vollumfänglich umzusetzen.“

Technologien

Ein Setup für alle 70 Stores

In allen 70 Stores wird das gleiche Hard- und Software-Setup realisiert. Sämtliche Artikel aus dem Portfolio der Eigenmarke werden bereits bei der Produktion etikettiert. Das Tagging von Artikeln fremder Marken mit RFID-Tags findet im Hauptlager von America Today statt. Der Anteil getaggter Waren von Zulieferern, wie beispielsweise Levi's, nimmt laut Charlotte den Heijer kontinuierlich zu. Kodieren Markenhersteller ihre RFID-Label im GS1-Standard, können diese Tags nahtlos in die RFID-Lösung von America Today integriert werden. Inventuren und Wareneingangserfassungen erfolgen mit Handlesegeräten, die mit Tablets oder Handhelds via Bluetooth verbunden sind.

Maximale Benefits mit minimalem Aufwand

Als Systempartner wurde das Unternehmen Nedap ausgewählt. Der RFID-Lösungsanbieter liefert Handhelds und die Cloud-basierte Bestandsverwaltung. Als Lösungspartner zeichnet sich das Unternehmen auch mitverantwortlich für Konzept, Pilotanwendungen und die Unterstützung des Rollouts. Checkpoint Systems liefert alle RFID-Label. Hintergrund: America Today bezog bereits vor dem RFID-Rollout Preisetiketten von Checkpoint, sodass die Umstellung auf RFID-fähige Etiketten ohne zusätzlichen Aufwand erfolgte.

Die Handhelds kommunizieren erfasste Artikeldaten via Bluetooth an iPads und iPods von Apple. Charlotte den Heijer folgend, beschränkte sich die Investition für die benötigte Hardware pro Store auf einen überschaubaren Betrag, da die Apple-Geräte bereits in den Stores vorhanden waren. Um die Bestände im Front- und Backstore- Bereich exakt voneinander zu trennen, kommt eine Virtual-Shielding-Anwendung zum Einsatz. Diese ist in der Cloud-basierten Anwendung integriert. Eine durch bauliche Maßnahmen zu gewährleistende physische Abschirmung der beiden Bereiche entfällt.

Herausforderungen: Metall in der Kleidung und in den Stores

Saisonal bedingt bestehen Bekleidungsartikel zum Teil aus metallhaltigen Materialien wie beispielsweise Lurex in Weihnachts- oder Faschingsartikeln. Das Metall reduziert die Erfassungsreichweite der Handhelds. Einrichtungsgegenstände, die Metalle enthalten, nehmen einen vergleichbaren Einfluss auf die Erfassungsweiten. Laut Charlotte den Heijer werden, um diesen Störfaktoren zu begegnen, erstens die Mitarbeiter informiert und zweitens schrittweise metallhaltige Möbel in den Stores durch metallfreie ersetzt.

Strategien

Lösungsarchitektur ist ausbaufähig

Das Kaufverhalten der Kunden stellt heute komplexe Anforderungen. Kunden wünschen den Store-in-a-Pocket. Das bedeutet: mehr Online-Services. Dazu zählen Ideen wie „Ship from Store“ oder „Click and Reserve“. Der notwendige Schritt in diese Richtung ist die Generierung exakter Bestände in Echtzeit. Bestandsgenauigkeit ist für America Today der unabdingbare Schlüssel, um den veränderten Anforderungen der Kunden nach einem bestmöglichen Einkaufserlebnis gerecht zu werden.

Was Umsatzsteigerungen und Kundenzufriedenheit angehen sieht das Unternehmen verschiedene Ansätze, um Kundenanforderungen zu erfüllen: Noch bevor ein Kunde einen Store betritt, können Bestände online überprüft und bestimmte Teile im ausgesuchten Store reserviert werden. Ist ein Teil aktuell nicht in der Filiale verfügbar, kann es umgehend aus einer anderen Filiale zum Kunden nach Hause geordert werden. Diese Omnichannel-Services stehen für America Today weit oben auf der Agenda. Mit der jetzt ausgerollten UHF-RFIDLösung wurden die Warenbestände in den Stores digital und zu fast 100 Prozent sichtbar. Diese Datenbasis ist der Ausgangspunkt für Omnichannel.

America Today

Company Snapshot

1989 eröffneten drei Freunde ein Modegeschäft in der Amsterdamer Sarphatistraat, und boten Mode amerikanischer Labels zu einem bestmöglichen Preis an. Der Name der Firma: 'America Today'. Im Laufe der Jahre entwickelte sich das ursprüngliche Konzept weiter. America Today steht immer noch für Mode mit amerikanischem Flair, aber das Hauptaugenmerk liegt heute auf dem eigenen Brand. Mit Stores ist das Unternehmen heute in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und jetzt auch in Deutschland präsent.

Charlotte den Heijer

Charlotte den Heijer ist verantwortliche Merchandise Planer und Mitglied des RFIDTeams bei America Today. Sie begann als logistische Koordinatorin und stimmte Abläufe im Lager ab. Jetzt ist sie Merchandise Planer und arbeitet in der Projektgruppe mit, welche die RFIDTechnologie in allen Geschäften implementiert hat.

Anja Van Bocxlaer
Anja Van Bocxlaer
Chefredakteurin und Konferenzmanagerin
Lüneburg, Deutschland
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