Asklepios

Automatisierte Sterilgüterversorgung bei Asklepios Kliniken

Einsatz von Robotik, Sensorik und KI in der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP)

Asklepios-Kliniken-Gruppe

Die Asklepios-Kliniken-Gruppe ist ein primär in Deutschland agierender Klinikbetreiber mit 160 medizinischen Einrichtungen in 14 Bundesländern. Klinikprozesse an sämtlichen Standorten sollen standardisiert und mittels Digitalisierungsmaßnahmen effizienter gestaltet werden.

Das Asklepios Klinikum Nord in Hamburg nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein. Dort wird die KI-, Robotik- und sensorgestützte Versorgung mit sterilen Medizinprodukten von der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) erprobt.

Sadmir Osmancevic, Leitung Sterilgutversorgung bei Asklepios, erklärt die Digitalisierungsmaßnahmen der Kliniken im Interview mit RFID im Blick.

Transport der Medizinprodukte in der AEMP

Der Transport der Medizinprodukte in der AEMP erfolgt in metallenen, standardisierten Sieben. Roboter führen diese vollautomatisch den Sterilisationsanlagen zu.

AEMP-System

Überwachung und Transport von Medizinprodukten mit Robotik, Sensorik und KI

Die Sterilgüterversorgung muss in sämtlichen medizinischen Einrichtungen des Unternehmens gewährleistet sein. Die Sterilisierung von Operationsgütern findet in der AEMP statt. Ziel ist es, den Sterilisationsprozess digital zu steuern, die Sterilgüter beim Transport durch die Klinik exakt nachzuverfolgen und die Verfügbarkeit der benötigten Medizinprodukte zu steigern.

Im unreinen Bereich der AEMP führen Klinikmitarbeiter eine Vorreinigung der Medizinprodukte durch und legen diese auf einen standardisierten Transportbehälter, ein metallenes Sieb. Auf einem Tablet wird vom Klinikpersonal eingegeben, welches Sieb für welchen Sterilisationsprozess vorgesehen ist. Das Sieb wird von einem Roboter abgeholt, der dieses automatisch zur Sterilisationsanlage transportiert und in dieser platziert. Dabei erkennt die KI via Sensorik, welche Medizinprodukte sich im Sieb befinden und via RFID-Technologie, welche Sterilisationsanlagen frei sind.

Nach der Sterilisation gelangen die Medizinprodukte in den reinen Bereich der AEMP. Dies verhindert, dass bereits sterilisierte Medizinprodukte in Kontakt mit Keimen kommen. Mittels KI wird jedes Sieb auf Vollständigkeit geprüft. Die KI ist in der Lage, ganze bestückte Siebe sowie einzelne Operationsbestecke zu erkennen und zwischen verschiedenen Medizinprodukten zu differenzieren.

Ein Rollout von Sensorik und KI wird über die AEMP hinaus für alle Operationssäle angestrebt. Damit wird es möglich, den Transportweg des reinen Sterilguts zum Operationssaal und des unreinen Sterilguts zurück zur AEMP nachzuverfolgen, indem die KI immer wieder die Siebe auf Vollständigkeit überprüft.

Prozessanforderungen

 

In der AEMP gibt es verschiedene Sterilisationsanlagen, darunter Reinigungs- und Desinfektionsgeräte, Dampfsterilisatoren und Niedertemperatursterilisatoren mit Formaldehyd und Wasserstoff-Peroxid. Eine korrekte Zuordnung der Medizinprodukte zum jeweiligen Sterilisationsprozess ist erforderlich, um Schäden an den Sterilgütern zu verhindern und diese für Operationen sicher nutzbar zu machen.

Nach die Sterilisation dürfen die Medizinprodukte nicht in den unreinen Bereich der AEMP gelangen. Aus diesem Grund ist die AEMP so konzipiert, dass die Beladung der Sterilisationsanlagen im unreinen Bereich und die Entladung im reinen Bereich möglich sind. Die Anlagen bilden dabei den Durchgang für die Medizinprodukte zwischen den zwei Bereichen.

Im reinen Bereich der AEMP erfolgt die Vorbereitung der sterilisierten Medizinprodukte für den Transport zum Operationssaal. Dazu wird ein Set aus benötigten Sterilgütern in einem metallenen Transportbehälter, dem Sieb, zusammengestellt. Die fehlerfreie Zuordnung jedes Medizinprodukts zum richtigen Set ist erforderlich um sicherzustellen, dass alle benötigten Produkte für eine Operation vorhanden sind.

Bereits im Probebetrieb befindet sich ein weiterer Innovationsschritt: Beim Transport der Medizinprodukte zu den Operationssälen und zurück zur AEMP wird jedes Sieb an Zwischenstationen mittels KI auf Vollständigkeit überprüft und die Medizinprodukte darin nachverfolgt. Dabei muss die KI in der Lage sein, die unterschiedlichen Produkte zu erkennen.

Jedes Sieb mit Medizinprodukten wird einem bestimmten Sterilisationsprozess zugeteilt

Vor der Bestückung der Siebe und der Zufuhr der Medizinprodukte zu den Sterilisationsanlagen ist eine manuelle Vorreinigung erforderlich. Jedes Sieb mit Medizinprodukten wird einem bestimmten Sterilisationsprozess zugeteilt.

Robotik, Sensorik, AI und RFID

 
Automatisierte Prozesssteuerung in der AEMP

Die Roboter erkennen via RFID, welche Sterilisationsanlagen zur Befüllung mit Medizinprodukten frei sind und beladen diese automatisch.

Die Steuerung des Transports der Medizinprodukte erfolgt mit WLAN und RFID. Sowohl die Transportroboter als auch die Sterilisaitonsanlagen sind RFID-fähig, und die Transportsiebe sind mit RFID Tags versehen. Über ein Tablet geben Klinikmitarbeiter ein, welche Siebe für welchen Sterilisationsprozess vorgesehen sind.

Roboter holen die bestückten Siebe ab und erkennen mittels RFID automatisch, welche Sterilisationsanlagen zur Beladung frei sind. Die Säuberung von bis zu acht Sieben ist in einem Reinigungs- und Desinfektionsgerät gleichzeitig möglich. Beim Transport in der AEMP sorgen Kameras und Sensorik dafür, dass es zu keinen Zusammenstößen zwischen Robotern und Gegenständen sowie Personen in der Umgebung kommt.

Zur Vollständigkeitsprüfung der Siebe mit Medizinprodukten und deren Nachverfolgung von der AEMP zum Operationssaal kommen Sensorik und KI zum Einsatz.

Mit einem Kamerasystem wird jedes Medizinprodukt erfasst, dabei kann die KI als Folge einer Anlernphase über 10.000 verschiedene Medizinprodukte voneinander unterscheiden. Es wird erkannt, ob Medizinprodukte fehlen oder dem jeweiligen Sieb falsch zugeordnet wurden. Das Projekt befindet sich derzeit in der Erprobung unter klinischen Realbedinungen.

In Zukunft ist die Ausweitung des Einsatzes von Computer Vision und KI geplant, um den Pfad des reinen Sterilguts zum Operationssaal und als unreines Sterilgut zurück zum AEMP nachzuverfolgen und dabei manuelle Prozessschritte zur Kontrolle der Medizinprodukte einzusparen. Die von den Kameras erfassten Daten liefern dabei Informationen zum Standort, Zeitpunkt und Status des jeweiligen Siebs und der darin befindlichen Medizinprodukte. Wichtig ist, dass nur die Produkte an sich über das Kamerasystem erfasst werden, nicht aber die beteiligten Mitarbeiter in der AEMP, beim Transport und im Operationssaal.

Mittels KI und Computer Vision soll in Zukunft mehr Transparenz geschaffen und die Rückverfolgbarkeit der Medizinprodukte in der Klinik gewährleistet werden. Andere Kliniken sollen von den Prozessvorteilen und Erfahrungen des Pilotprojekts in Hamburg profitieren.

Manueller Arbeitsaufwand in der AEMP sinkt

Klinikmitarbeiter sind durch den Einsatz von Robotern in der AEMP deutlich entlastet. Die Teilautomatisierung des Sterilisationsprozesses sowie des Transports verringern die Laufwege. Zusätzlich erzielt der automatisierte Transport der Medizinprodukte in der AEMP eine weitere Zeitersparnis, da das manuelle Be- und Entladen der Sterilisationsanlagen entfällt.

Außerdem ist genau einsehbar, welche Medizinprodukte sich im Sterilisationsprozess befinden oder für diesen vorgesehen sind. Eine genaue Zuordnung der Medizinprodukte zum korrekten Prozess minimiert den Verschleiß und verlängert die Lebensdauer der Produkte. Folgeprozesse nach der Sterilisation sind ebenfalls vereinfacht oder fallen ganz weg.

Verfügbarkeit von Medizinprodukten steigt

Aufgrund der vereinfachten Sterilisationsprozesse steigt die Verfügbarkeit von Medizinprodukten, die von der AEMP an Operationssäle ausgeliefert werden können. Dabei stellt die eingesetzte KI und Sensorik sicher, dass für jede Lieferung die benötigten Medizinprodukte vorhanden sind. Bei der Kontrolle via Computer Vision erkennt die KI alle Medizinprodukte im Sieb auf dem Weg von der AEMP zum Operationssaal. Die korrekte Auslieferung der benötigten Sterilgüter wird für jede Operation sichergestellt.

Jedes Sieb verfügt über einen RFID Tag sowie einen Barcode zur Identifikation

Jedes Sieb verfügt über einen RFID Tag sowie einen Barcode zur Identifikation, doch die Medizinprodukte selbst sind nicht getaggt. Die KI-Lösung bietet die Möglichkeit, die einzelnen Produkte nachzuverfolgen.

INTERVIEW MIT SADMIR OSMANCEVIC
Interview

Standardisierung von Prozessen und Digitalisierung in der AEMP

Sadmir Osmancevic erklärt die Digitalisierungsmaßnahmen in der AEMP und die Herausforderungen, welche die neue Medizinprodukteverordnung an zukünftige Digitalisierungsprozesse stellt.
INTERVIEW MIT SADMIR OSMANCEVIC

Sadmir Osmancevic ist Leiter der Sterilgutversorgung bei der Asklepios-Gruppe.

RFID bietet in der AEMP die sicherste Möglichkeit zur Prozesssteuerung zwischen dem Ladungsträger und der Sterilisationsanlage. Der Roboter selbst ist via Sensorik und WLAN gesteuert, und der Beladungsträger ist mit RFID getaggt. Die Siebe können jeder Maschine zur Sterilisation eindeutig zugeordnet werden. Zusätzlich müssen die Maschinen, da sie laut neuer Medizinproduktregelung der EU auch als Medizinprodukte gelten, besondere Anforderungen erfüllen. Mit der RFID-Technologie erfolgt kein Eingriff in diese Produkte, sodass deren Einsatz die 2021 in Kraft getretenen Medizinproduktregelungen erfüllt.

Die Rückmeldung nach der Inbetriebnahme war sehr positiv, und das System erleichtert die Arbeit des Klinikpersonals enorm. Lange Laufwege und das manuelle Be- und Entladen der Sterilisationsanlagen entfallen durch den Einsatz der Roboter.

Folgeprozesse sind zusätzlich vereinfacht oder entfallen ebenfalls. Die Steuerung des Systems mit den eingesetzten Tablets war nach einer kurzen Anlernphase auch leicht möglich. Diese Veränderungen wurden von den Klinikmitarbeitern sehr begrüßt.

Das optische System soll in Zukunft die Medizinprodukte auf dem Weg von der AEMP zu den Operationssälen und zurück nachverfolgbar machen. Der Vorteil ist, dass die KI der visuellen Steuerung selbstständig lernt, die Medizinprodukte voneinander zu unterscheiden. Dies bedeutet, dass sich der Prozessablauf vereinfacht, auch wenn neue Systeme und Produkte genutzt werden.

Medizinische Instrumente mit integriertem RFID Tag werden bereits hergestellt, allerdings ist deren Einsatz bislang noch nicht wirtschaftlich. Zusätzlich stellen Medizinprodukte und die Gesundheitsrichtlinien besondere Anforderungen, die den RFID-Einsatz in dieser Hinsicht erschweren.

Ein Skalpell zum Beispiel besteht aus einer Einwegklinge und einem Griff, der mehrmals nutzbar ist. Die Größe des Tags und der genutzte Klebstoff zur Befestigung des Tags müssen mit den Gesundheitsrichtlinien kompatibel sein. Aus diesem Grund wird das visuelle Steuerungssystem getestet, da die Komplexität zum Einsatz geringer erscheint.

In den letzten Jahren sind die RFID-Tags etwa um die Hälfte kleiner geworden. Diese Veränderung bietet neue Möglichkeiten, RFID zum Tagging von Medizinprodukten einzusetzen. Eine weitere große Veränderung bewirkt das Inkrafttreten der neuen Medizinprodukteverordnung Mitte 2021. Nach dieser müssen alle Medizinprodukte mit einer Unique Device Identification (UDI) gekennzeichnet sein, die auch auf einem RFID-Chip gespeichert werden könnte.

In dieser Hinsicht ist die Umsetzung allerdings eher von den Herstellern der Medizinprodukte als von den Klinikbetreibern abhängig. Sollten die führenden Hersteller RFID in die Medizinprodukte integrieren, würde ein Wandel zu mehr RFID-Einsatz stattfinden, sofern dies für die Klinikbetreiber wirtschaftlich ist.

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