Smart Cards mit Fingerabdrucksensor, Bluetoothkarten für Indoor-RTLS
Mit innovativen Features will B-Id auf dem Kartenmarkt aus dem „klassischen“ Smart-Card-Umfeld hervortreten
Bis circa vor einem Jahr trat die Hardwareseitige Entwicklung von Smart-Card-Anwendungen auf der Stelle, sagt Yiwen Jin, Geschäftsführer von B-Id. „Mit Displaykarten und Fingerabdruckkarten für ID-, Bank,- und Zutrittsanwendungen und Bluetoothkarten für Indoor-RTLS und sichere Temperaturüberwachung bei Transporten von Medizinprodukten kommt ein neuer Drive in die Kartenbranche.“
Wurden innovative Applikationen in der Vergangenheit nahezu ausschließlich über die Software abgedeckt, gehen aktuell in Asien und den USA Projekte in die Umsetzung, bei denen die technologische Raffinesse der Karten im Fokus steht. Im Gespräch mit „RFID im Blick“ spricht Yiwen Jin über technologische Updates im Bereich der Display- und Fingerabdruckkarten sowie über vollkommen neu entwickelte Bluetoothkarten. Dass hier keine technischen „Spielereien“, sondern echte Anforderungen umgesetzt werden, untermauern die Millionenstückzahlen der benötigten Karten in den unterschiedlichen Projekten.
Yiwen Jin, Geschäftsführer, B-Id, im Interview mit RFID im Blick
Fingerabdruckkarten technisch aufgewertet
Fingerabdrucksensoren benötigen Energie. Nicht wiederaufladbare Batterien weisen nur eine geringe Einsatzzeit von wenigen Monaten auf. Als B-Id vor mehr als einem Jahr die ersten Karten im ISO-Format mit integriertem Fingerabdrucksensor vorstellten, konnte das Prinzip überzeugen, die Lebensdauer der Karte jedoch nicht in allen Anwendungen. „Die Suche nach einem wiederaufladbaren Energiespeicher war zeitintensiv. Anfang 2016 konnten wir die ersten Karten mit Akku präsentieren“, berichtet Yiwen Jin.
„Mit dem Finden eines geeigneten Energiespeichers war die Entwicklung jedoch noch nicht zu Ende. Es stellte sich heraus, dass Karten, deren Akkuladung unter ein bestimmtes Spannungslevel fielen, sich nicht mehr laden ließen. Durch eine Anpassung in der Schaltung konnte diese Hürde beseitigt werden.“ Flexions- und Torsionstests nach ISO-Standards, bei der die Karten von jeder Seite je 250-Mal um bis zu 15 Grad nach oben und unten gebogen werden, konnten den verbauten Komponenten keinen Schaden zufügen.
„Komplett neue technologische Features, integriert in eine Karte im ISO-Format, schaffen die Grundlage für vollkommen neue, hochsichere Anwendungen im ID-, Banking- oder Ortungsumfeld.“Akkuladung für sechs Monate
„Eine Akkuladung reicht heute theoretisch für bis zu sechs Monate, wenn sie einmal am Tag genutzt wird. Theoretisch deshalb, da der Akku bei jedem Nutzungsvorgang an einem Lesegerät oder in einem Geldautomaten entweder über die kontaktlose 13,56 MHz Schnittstelle, oder bei Dual-Interface-Karten auch über die kontaktbehaftete Schnittstelle, mit Energie versorgt wird. Kritisch wird es erst, wenn eine Karte länger als sechs Monate überhaupt nicht genutzt wird. Dann wird die Schaltung aktiv, um den Akku zu schützen“, so der B-Id-Geschäftsführer.
Superkondensatoren für Zutrittskontrollkarten
Für Zutrittskontrollen hat B-Id Fingerabdruckkarten mit einem Superkondensator entwickelt, der bei jeder Authentifizierung am Lesegerät Energie für bis zu vier weitere Zutrittsvorgänge speichert. „Diese Lösung ist nicht für Anwendungen im Banking-Umfeld geeignet. Für die Authentifizierung beispielsweise an einem Geldautomaten ist mehr Energie in der Karte notwendig“, berichtet Yiwen Jin.
Fingerabdruckkarten für über 20 Millionen Taiwanesen
Ein Projekt zum Einsatz von Fingerabdruckkarten, bei dem die Karte gleich für vier unterschiedliche Anwendungen genutzt werden soll, steht aktuell in Taiwan in den Startlöchern. „Die Anfang 2016 neugewählte Regierung Taiwans will eine Lösung einführen, bei der Karten mit Fingerabdrucksensor und Dual-Interface- Technologie mit vier unterschiedlichen Funktionen für mehr als 20 Millionen Einwohner des Landes verfügbar sein sollen“, erläutert Yiwen Jin und führt aus: „Erstens soll die Karte natürlich als ID-Karte eine Personalausweisfunktion übernehmen, hinzu kommen zweitens die Funktionen als Führerschein und drittens als Gesundheitsausweis sowie viertens als Medium, um über eine Capital- Management-Funktion sich seine Vermögenswerte an speziellen Readerstationen anzeigen zu lassen.“
Fingerabdruck als Mobile-ID
In einem zweiten Projekt sollen über die nächsten drei Jahre drei Millionen Karten zum Einsatz kommen, bei denen Fingerabdruckkarte und Smartphone zum mobilen Payment beim sicheren Shoppen eingesetzt werden können. „Der Kartenbesitzer hält die Karte an sein Smartphone. Die Daten des Fingerabdrucks werden über die NFC-Schnittstelle der Karte und des Handys kommuniziert und so zur Freigabe von Transaktionen genutzt. Die Eingabe einer TAN wird überflüssig und das Sicherheitslevel erhöht“, gibt Yiwen Jin einen Einblick.
Bluetoothkarten mit ID
Sind die Fingerabduckkarten bereits seit einiger Zeit auf dem Markt, konnte B-Id mit der Realisierung von Bluetoothkarten für sicherheitsrelevante Einsatzbereiche eine vollkommene Neuentwicklung vorstellen. „Trotz der kontinuierlichen Weiterentwicklung bis zum heute verfügbaren BLE-Standard benötigen Bluetooth-Anwendungen ausreichend Energie, um hohe Lesereichweiten von bis zu 100 Metern realisieren zu können“, erläutert Yiwen Jin.
„Nach intensiver Suche ist es dem B-Id-Entwicklerteam gelungen, Bluetoothkomponenten zu finden, die in eine ISO-Karte integriert werden können und dennoch über rund 10 Meter Entfernung erfassbar sind.“ Die ID des Bluetoothchips ermöglicht den Einsatz der Karten als Basis eines Indoor-RTLS oder für das Asset Management. Auch im Bereich der Temperaturüberwachung beim Transport sensibler medizinischer Güter ist ein erstes Projekt gestartet.
Bluetooth im Hochsicherheitsumfeld
Eine Behörde in den USA projektiert aktuell den Einsatz von Bluetoothkarten, um Mitarbeiter im Gebäude zu lokalisieren, wie Yiwen Jin berichtet. „Auch werden die Karten genutzt, damit sich Mitarbeiter im System, beispielsweise an einem PC, einloggen können. Auf Basis der Entwicklung extrem stromsparender Schaltungen in den eingesetzten Karten, können sie mit einer Akkuladung bis zu sechs Monate ohne Ladevorgang eingesetzt werden.“
Diese Form des Einsatzes von Bluetoothkarten ist auch als Alternative zu aktiven RFID- oder WLAN-systemen vorstellbar. „Kostenseitig liegen Bluetoothkarten ohne zusätzliche Features unter den durchschnittlichen Anschaffungskosten aktiver WLAN-Transponder. Somit sind die Karten eine Alternative zu bestehenden Lösungswegen, beispielsweise im Bereich des Asset Trackings medizinischer Geräte in einem Krankenhaus.“
Medikamente sicher transportiert
In einem aktuellen Projekt werden spezielle Bluetoothkarten mit integriertem Temperatursensor genutzt, um die Einhaltung einer Kühlkette beim Transport von Medikamenten oder Blutkonserven lückenlos zu überwachen. „Die Karte wird zusammen mit dem Transportgut verpackt und speichert in regelmäßigen Abständen die gemessenen Temperaturen. Beim Empfänger angekommen, kann dieser die geloggten Daten via Smartphone oder Tablet und einer App über die Bluetoothschnittstelle auslesen. Die besondere Herausforderung in diesem Projekt war, eine Batterie zum Einsatz im Kartenformat zu finden, die Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius ohne Leistungsverlust übersteht“, so Yiwen Jin.