1. Herr John, Engelhard Arzneimittel hat eine umfassende RFID-Lösung in der Firmengebäuden implementiert. Wie ist der Wunsch nach dieser Lösung entstanden?
Die ersten Ideen dazu habe ich 2010 entwickelt, konkreter wurden sie zwischen 2012 und 2014. Leider musste das Projekt dann erst einmal zurückgestellt werden. Weil die Produktion immer komplexer wurde, haben wir uns 2018 für Automatisierung entschieden und diese mit Beckhoff Automations in der neuen Produktionsanlage, die 2019 gebaut wurde, umgesetzt. Dabei wurde mir klar: wenn wir den zentralen Schlauchbahnhof haben, wo die Verbindung hergestellt wird, brauchen wir dringend eine Lösung dafür.
2. Warum ist das gerade im Schlauchbahnhof so entscheidend?
Im vorherigen Produktionsgebäude, wo noch viel im Handbetrieb hergestellt wurde, kam es zuweilen zu harmlosen Verwechslungen am Schlauchbahnhof. Ein vakuumfester Schlauch wurde vielleicht für eine Anwendung, für die ein nicht-druckfester gereicht hätte, benutzt. So ein Schlauch ist zertifiziert und kostet ca. 500 Euro das Stück. Allein deswegen ist der richtige Umgang mit Schläuchen wichtig. Oder eine Verbindung wurde nicht richtig geschlossen. Solche Fehler können dazu führen, dass eine ganze Charge Arzneimittel unbrauchbar wird. Das wollen wir verhindern.
3. War von vornherein klar, dass RFID die beste Lösung ist?
Nein. Die erste Idee war, die korrekte Verbindung über einen Positionsmelder sicherzustellen. Der würde melden, dass zwischen Ventil A und Ventil B ein Schlauch vorhanden ist. Aber leider kann so ein System nicht überprüfen, ob es der richtige Schlauch ist. Dann erst kam die Idee, dass jeder Schlauch an beiden Enden einen RFID-Chip und somit eine Werkzeugnummer bekommt, die an beiden Enden gleich ist.
Die Schlauchnummer wird abgeglichen und erst, wenn beide Ventile, die wir verbinden wollen, an die Steuerung gemeldet haben, dass sie identisch ist, ist die 100 % Sicherheit gegeben, dass der Schlauch auf der richtigen Position steckt. Somit haben wir eine sehr hohe Prozesssicherheit erreicht.
4. Wie sah dann die Umsetzung für die RFID-Lösung aus?
Bei konkreten Projektplänen ab 2019 war klar, dass RFID für Benutzeridentifikation an den Steuerungspanelen und für den Schlauchbahnhof genutzt werden sollte. Die Zutrittsregelung von Siemens & Voss war schon vorher da und wurde beibehalten. Das Bezahlsystem für die Kantine kam neu hinzu. Der Schlauchbahnhof musste für die Produktion grundsätzlich da sein, aber Ende 2019 kam die Anforderung: Wie können wir sicherstellen, dass die Schläuche nicht mehr vertauscht werden können? Das funktioniert jetzt über RFID.
Das komplette System ist jetzt im Einsatz. Die Benutzeridentifikation gibt es seit Ende 2021, aber erst, wenn die letzten vier Leseköpfe da sind, wird es final freigeschaltet. Die Lösung am Schlauchbahnhof gibt es seit September 2022. Lieferschwierigkeiten durch COVID19 haben leichte Verzögerungen verursacht.
5. Es war auch schwer, das geeignete Tag zu finden; warum? Der Markt gibt viel her.
Das stimmt. Aber wenn ich beispielsweise einen RFID-Chip in eine Schlauchhülse eingießen lasse, kann ich ihn nur an genau einer Stelle auslesen. Das ist ungünstig, denn es kann passieren, dass ich diese Stelle mit dem Lesekopf nicht gut erreichen kann, oder dass ich ohne mein Wissen den falschen Schlauch auslese oder ihn möglicherweise auch gar nicht erkenne. Deswegen haben wir mit WeSiTec unsere eigene Taghalterung entwickelt.
Außerdem ist unsere Produktion als Zone 1 nach ATEX klassifiziert, so dass wir nur Geräte, die für Zone 1 zugelassen sind, benutzen können.
6. Welche Verbesserung sehen Sie an den Bedienpanelen mit der Auto-ID-Lösung?
Alles geht schneller, wenn man kein Passwort eingeben muss. Es ist noch nicht lange her, da hat ein Mitarbeiter dreimal sein Passwort falsch eingegeben, woraufhin sein Benutzerkonto gesperrt wurde. Der Administrator hat auch zufällig einen Fehler gemacht, so dass sein Admin-Passwort vom Hersteller neu freigeschaltet werden musste. Das hat alles sehr lange gedauert.
Mit einer Lesekopf-Lösung im Schaltschrank ist das viel einfacher zu handeln. Der Transponder wird rangehalten und es gibt kein Risiko für eine Fehleingabe. Wir haben jetzt höhere Sicherheit bei weniger Stillstandszeiten. Und das Schöne ist, wir haben ein System für alles statt mehrerer Systeme.
7. Wo geht es als nächstes hin? Welche neuen Ideen haben Sie für die RFID-Lösung am Schlauchbahnhof?
Ich habe tatsächlich schon weitergedacht. Über die Schlauchnummer, die einprogrammiert ist, können andere Parameter geregelt werden. Beispielsweise könnte ein Schlauch in der Zukunft nur für bestimmte Produkte verwendet werden. Er könnte in der Steuerung auch mit einem Reinigungstatus „gereinigt/nicht gereinigt“ und einem Alterszertifikat versehen werden. Der Mitarbeiter müsste dann nicht darüber nachdenken, ob der Schlauch zu alt ist, sondern bekommt den Schlauch einfach nicht mehr freigegeben.
Ein erhöhter Grad an Automatisierung, Controlling und Produktionssicherheit wird zu weniger menschlichen Fehlern führen. Eine weitere Idee betrifft den Einsatz von Robotern für die Überwachung der Produktionsstätte. Statt eines Mitarbeiters für die Routinerundgänge könnten wir einen Roboter einsetzen, der selbständig Türen öffnen kann.