Fraunhofer IAF

Technologielücke zu 6G nachhaltig schliessen

Energieeffizientes Funkmodul mit Galliumnitrid

Fraunhofer IAF

Am Fraunhofer Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF in Freiburg wird an energieeffizienten Funkmodulen geforscht, die eine größere Bandbreitennutzung und höhere Datenübertragungsraten ermöglichen als bislang genutzte Technologien.

Der Schlüssel dazu ist der Halbleiter Galliumnitrid (GaN). Mit GaN kann die Technologielücke, die zwischen 5G und 6G besteht, geschlossen werden.

Technologielücke zu 6G nachhaltig schliessen

Hochfrequenztechnologie mit Galliumnitrid (GaN)

Der Halbleiter Galliumnitrid ermöglicht die Herstellung von energieeffizienter miniaturisierter Hochfrequenzelektronik.

Galliumkristalle

Galliumkristalle sehen Aluminium ähnlich und teilen mit ihm einige chemische Eigenschaften.

Der Netzausbau und die Digitalisierung der Kommunikation bedürfen innovativer Komponenten, die mehr leisten können als ihre Vorgänger. Funkmodule, Batterien, Sensoren und andere elektrotechnische Bauteile werden deswegen fortwährend weiterentwickelt. Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF wird an leistungsstarken Funkmodulen geforscht, die einerseits eine neue Basis für 5G-Netze sein können und andererseits 6G überhaupt erst ermöglichen. Die Funkmodule des Fraunhofer IAF basieren auf Galliumnitrid, das auf Siliziumwafern prozessiert wird.

Gallium ist ein Metall, das als Abfallprodukt in der Metallerzeugung anfällt. Es ist silbrig-weiß, lässt sich leicht verflüssigen (bei unter 30 °C) und ähnelt in seinen chemischen Eigenschaften Aluminium. In Verbindung mit Stickstoff entsteht in einem aufwendigen Herstellungsprozess Galliumnitrid. Es ist ein robuster kristalliner Halbleiter, der seit den 1990ern für blaue und grüne LEDs verwendet wird. Es wird zuweilen als ‚das‘ Halbleitermaterial der Zukunft bezeichnet, da Galliumnitrid-Chips im Vergleich zu Siliziumchips den Strom deutlich schneller und verlustärmer passieren lassen.

Als Komponente in Akkus ermöglicht Galliumnitrid einen geringeren Leistungsverlust als andere Halbleiter, da weniger Leistung als Wärme verloren geht. Das macht Galliumnitrid zu einem energieeffizienten Material, das in vielen Bereichen das Potential hat, große Mengen an Energie einzusparen. In einem Funkmodul erlaubt es zum Beispiel hohe Schaltfrequenzen. Zugleich ist die Effizienz, mit der die zugeführte Leistung in Mikrowellenleistung umgesetzt wird, im Vergleich zu herkömmlichen Silizium-basierten Funkmodulen stark erhöht und ermöglicht eine um mehrere Größenordnungen kompaktere Bauweise von Systemen.

Das Fraunhofer IAF hat zwei Varianten des Funkmoduls vorgestellt: das Galliumnitrid- auf-Silizium-Funkmodul und das Galliumnitrid-auf-Siliziumkarbid-Funkmodul. Silizium ist ein kostengünstiges Trägermaterial, was eine kommerziell ansprechende Preisgestaltung des Funkmoduls erlaubt. Siliziumkarbid hingegen wird als Träger für die leistungsstärkere Variante verwendet. Es ist energieeffizienter und erlaubt gleichzeitig bessere Kühlung als Silizium. Zehnmal kleinere Designs werden dadurch möglich. Da die Herstellung von Siliziumkarbid sehr aufwendig ist – sie dauert 14 Tage und findet bei 2.500 °C statt – ist es jedoch eines der teuersten Halbleitermaterialien der Welt. Ein 4-Zoll-Wafer kostet um 1.000 US-Dollar.

Galliumnitrid für 6G

Nachhaltige Ressourcennutzung und gleichzeitige Technologieentwicklung sind nur möglich, wenn energieeffiziente Materialien wie Galliumnitrid verwendet werden.

Galliumnitrid

Galliumnitrid hilft dabei, dem steigenden Energiebedarf der Netzwerke mit energieffizienteren Systemen entgegenzuwirken.

Das Funkmodul des Fraunhofer IAF erreicht hohe, für den 6G-Mobilfunk relevante Frequenzen bis 60 GHz und ermöglicht gleichzeitig die Nutzung einer enormen Bandbreite. Bei 56 bis 63 GHz kann man mit dem Galliumnitridbasierten Funkmodul 7 GHz absolute Bandbreite nutzen.

Zum Vergleich: Mit 4G/LTE werden Bänder im Frequenzbereich von 450 bis 2600 MHz bei einer absoluten maximalen Bandbreite von 30 MHz benutzt; mit 5G wird im Bereich von 2,1 bis 3,6 GHz eine Bandbreite von 15 MHz genutzt. 7 GHz Bandbreite erlaubt das Versenden von enorm großen Datenmengen innerhalb kürzester Zeit.

Das Internet der Dinge (IoT) und das Industrielle IoT (IIoT) sind auf leistungsstarke Funkmodule angewiesen. Höchstleistungen werden derzeit mit dem 5G-Standard auf den Frequenzbändern um 26, 28 und 39 GHz erreicht. Dieses Spektrum ermöglicht zwar hohe Datenübertragungsraten, die Funkwellen besitzen aber aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften eine geringe Reichweite. Deswegen sind Sendemasten in kürzeren Abständen zueinander sowie eine Steigerung der Sendeleistung erforderlich. Der Energieverbrauch der Kommunikationssysteme ist daher sehr hoch und wird, bei weiterem Wachstum des IoT, weiter steigen.

Wie kann leistungsstärkere Technologie entwickelt werden, wenn wir Ressourcen nachhaltiger nutzen und insbesondere Strom sparen müssen?

Als Antwort auf diese Frage wurde das Galliumnitrid-Funkmodul entwickelt. Es war Teil des Fraunhofer-Leitprojekts „Towards Zero Power Electronics“, mit dem die Fraunhofer-Gesellschaft zwei sich ergänzende Ziele verfolgte: energiesparende Elektronik für das IoT zu entwickeln und Kommunikation an sich energieeffizienter zu gestalten. Das Galliumnitrid-Funkmodul erfüllt beide Ziele. Es ermöglicht hohe Leistung bei geringer Energieaufnahme und erlaubt gleichzeitig eine Effizienzsteigerung in der Bandbreitennutzung.

Derzeit liegt die Effizienz der Nutzung im Betrieb bei 26 GHz unter 10 %. Das bedeutet, dass 90 % der zugeführten Energie nicht genutzt werden können. Das erklärte Ziel von „Towards Zero Power Electronics“ war es, eine Effizienz von wenigstens 30 % zu erreichen. Die im Rahmen des Projekts entwickelten Demonstratoren erreichten dieses Ziel.

Für den Mobilfunkstandard 6G werden die Frequenzbänder zwischen 71 und 84 GHz eine große Rolle spielen. Derzeit kann in diesem Bereich keine gute Breitbandnutzung erreicht werden. Prof. Dr. Rüdiger Quay, Institutsleiter des Fraunhofer IAF, konstatiert: „6G wird eine unglaubliche Performance bieten können, hat aber, soviel ist jetzt schon ersichtlich, ein ganz großes Effizienzproblem.

Damit 6G in Zukunft nicht nur neue Anwendungen durch gesteigerte Datenübertragungen ermöglicht, sondern gleichzeitig die immer wertvoller werdende Ressource Strom schont, ist die Erforschung von neuen Hochfrequenztechnologien eine Schlüsselaufgabe.“

6G – Weltrekord am Fraunhofer IAF

Die höheren Schaltleistungen bei gleichzeitig geringen Energieverlusten machen Galliumnitrid zu einem idealen Material für Leistungswandler. Diese sind integraler Bestandteil von Handys und bestehen schon jetzt oft aus Galliumnitrid. Dass Ladegeräte heute viel kleiner sind als noch vor zehn Jahren, ist ebenfalls auf Galliumnitrid zurückzuführen. Durch den effizienten Stromfluss im Halbleiter findet eine deutlich geringere Wärmeentwicklung statt, wodurch Komponenten dichter aneinander platziert werden können, ohne dass Sicherheitsrisiken entstehen. Durch die kompakte Bauweise wird generell weniger Material benötigt, zum Beispiel für das Gehäuse des Moduls. Das macht ein Galliumnitrid-Ladegerät auch in dieser Hinsicht ressourcenschonender.

Ein Teilprojekt von „Towards Zero Power Electronics“ entwickelte einen niederenergetischen Wake-up- RF-Sensorknoten, der ohne dauernde Stromzufuhr arbeitet. Ziel war es, dass Sensoren, die Umweltgrößen wie Feinstaub messen, nicht im Dauerbetrieb sein müssen, sondern durch intelligente Bedarfsnutzung auch mit geringen Strommengen, wie beispielsweise durch Energy Harvesting, betrieben werden können. Um die nötige Effizienz hierfür zu erreichen, wurde Galliumnitrid auf Silizium für das Kernmodul – den ‚Core‘ – verwendet. An den Core können andere elektronische Geräte angeschloßen werden, die sehr niederenergetisch betrieben werden können.

Der Wake-up-RF-Sensorknoten beispielsweise wird mit einer Leistung im Mikro-Watt- Bereich aktiviert und dann ausgelesen.

Sensorknoten können Daten zum Zustand einer industriellen Leistungsanlage, beispielsweise eines Schaltwerks, sammeln. Das Fraunhofer IISB hat dafür einen Leistungswandler gebaut. Der Grundgedanke ist, dass das Sensormodul mit einem Datenstoß oder ‚Burst‘ geweckt und komplett ausgelesen wird. Danach geht es wieder in den Ruhezustand. Die Zustandsdaten zeigen, ob die Anlage an irgendeinem Punkt zu warm geworden oder gar beschädigt worden ist. Die Auslesung mit einem Burst ermöglicht das Galliumnitrid-Funkmodul. Durch diese neue Form der Überwachung, die für IIoT und M2M-Kommunikation entwickelt wurde, ist man in der Lage, den Zustand von Systemen in ihrer Historie zu überwachen. Anlagenausfälle können so vorhergesagt und vermieden werden.

6G ist mit den bestehenden Technologien noch nicht umsetzbar. „Galliumnitrid ist der Schlüssel, um die Effizienz und Leistungsfähigkeit, die für den 6G-Mobilfunk benötigt wird, zu erreichen“, unterstreicht Prof. Dr. Rüdiger Quay. Auf einer experimentellen Funkstrecke wurde das unter Beweis gestellt. Forschenden des Fraunhofer IAF gelang mit Projektpartnern die weltweit erste Übertragungsleistung von 100 Gbit/s über eine Freiraumstrecke von 500 m.

Galliumnitrid ermöglicht die Herstellung energieeffizienter miniaturisierter Geräte, die wenig Wärme abgeben.

Towards Zero Power Electronics

Der Funkknoten mit Komponenten aus Galliumnitrid erlaubt es, Umweltsensoren extrem energieeffizient zu betreiben.

Galliumnitrid ermöglicht die Herstellung energieeffizienter miniaturisierter Geräte, die wenig Wärme abgeben.

Weil Galliumnitrid höhere Effizienzen ermöglicht, sind Ladegeräte mit diesem Halbleiter kleiner.

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