1. Es gibt viele Werkzeughersteller; was zeichnet die Hoffmann Group aus?
Nicolas Frank: Neben der hohen Qualität unserer Werkzeuge ist das sicher der enge und vertrauensvolle Kundenkontakt. Das kann man nicht anders sagen. Wir haben einen sehr starken Außendienst. Bei Großkunden ist zuweilen einmal pro Woche ein Hoffmann- Berater vor Ort. Insgesamt haben wir 1.400 Berater, und durch den engen Kontakt mit den Unternehmen können wir viel praktisches Wissen über die einzelnen Arbeitsbereiche sammeln. Davon profitieren wir sehr. Die ersten digitalen Lösungsideen haben wir zum Beispiel gemeinsam mit Kunden entwickelt.
2. Wer sind Ihre Kunden?
Marion Schwenk: Unsere Kunden sind Unternehmen jeder Größe. Im Bereich der digitalen Fertigungslösungen haben wir jedoch einen klaren Fokus auf kleine und mittelständische Unternehmen in der metallbearbeitenden Industrie beziehungsweise Zerspanung. Den persönlichen Kontakt zu den Kunden pflegen unsere Vertriebsmitarbeiter, und wenn die Kunden eine intensive Fachberatung brauchen, stehen weitere ausgewiesene Spezialisten beratend zur Seite.
In der Zerspanung sind das zum Beispiel Anwendungstechniker, die häufig selbst jahrelang als Zerspaner an der Maschine gearbeitet haben. In den anderen Bereichen sind das Betriebseinrichtungsberater und Experten für persönliche Schutzausrüstung. Dadurch können wir Problemlösungen anbieten, die die Produktivität des Kunden spürbar erhöhen.
3. Was ist die Geschichte hinter dem Softwaretool Connected Manufacturing?
Frank: In den Kundengesprächen haben sich vor einigen Jahren zwei Dinge immer wieder als Besorgnis oder Trend bemerkbar gemacht. Das erste ist die Digitalisierung. Sie ist für viele Kunden ein abstraktes Gebilde, das sie sehr beschäftigt. Jeder will irgendwas digitalisieren, auch wenn es noch keinen konkreten Anwendungsfall gibt. Das zweite ist die starke Papiergebundenheit der Produktion. Weil alles auf einzelnen Zetteln oder Lochkarten vermerkt ist, besteht keine Übersicht und die gesamte Fertigung ist etwas unorganisiert.
Fertigungsfachwissen ist an einzelne Personen gebunden und nicht übergreifend verankert. Deswegen haben wir überlegt, die Dienstleistungen, die wir bislang über den reinen Werkzeughandel abgebildet hatten, zu digitalisieren und erweitern.
4. Die Lösung beinhaltet getaggte Werkzeuge. War von Anfang an klar, dass HF-RFID die richtige Technologie für die Identifikation der Werkzeuge ist?
Frank: Eigentlich schon. Für unsere Kunden ist die Prozesssicherheit das allerwichtigste, und RFID ist einfach robuster gegenüber optischen Möglichkeiten. Der Chip ist außerdem unglaublich haltbar. Die geringe Größe des Chips und die einfache Anbringung durch Einpressen waren zwei weitere wichtige Entscheidungskriterien.
5. Ist deswegen die Wahl auf den Neotag(R) Plug MFG10340 gefallen?
Yilmaz Benzer: Neosid ist der Hoffmann Group durch die miniaturisierten Transponder aufgefallen. Wir hatten einen sehr robusten Transponder demonstriert, der überzeugt hat und dessen Verfügbarkeit wir garantieren können. So kam es zur Zusammenarbeit. Die Antenne haben wir für Hoffmann angepasst, das war kein Problem. Das Gesamtpaket passte einfach sehr gut.
6. Die Plugs von Neosid reihen sich in das Hoffmann-Design ein, erstrahlen also nicht im üblichen Neosid-Blau. Wie kam es dazu?
Benzer: Wir haben für Hoffmann den 10 mm-Plug in einer kundenspezifischen Ausführung aufgelegt. Das einfach einzubringende Plug-In-Gehäuse ist orange und das Logo von Hoffmann ist darauf abgebildet. Das machen wir häufiger.
Viele Kunden wollen mit dem eigenen Transponder in ihren Anwendungen auftreten, da wird häufig das Plug-Gehäuse von 10 mm oder 8 mm genommen und ein kundenspezifisches Logo eingesetzt. Wir richten uns im Werkzeugbau immer stärker darauf aus, solche Anpassungen für Kunden durchführen zu können.
7. Wenn Kunden bei der Hoffmann Group Aufnahmen einkaufen, sind sie dann sofort gechippt, so dass eine Implementierung von Connected Manufacturing problemlos möglich ist?
Frank: Das ist unser Ziel, aber momentan ist das noch nicht so. Der Normalfall ist, dass die Kunden bereits mehrere tausend Werkzeugaufnahmen ohne Chip gekauft haben. Wenn ein Kunde sich für das Softwareprodukt Connected Manufacturing entscheidet, können diese problemlos gechippt werden.
8. Ist das Anbringen der Tags zeitaufwendig?
Benzer: Gar nicht. Wie groß die Bohrung an den Werkzeugbestandteilen sein soll, wird im Datenblatt zum Transponder erklärt. Oft ist sie sowieso schon vorhanden. Die Transponder werden in einer Blisterverpackung geliefert und einfach in das Bohrloch eingepresst. Die ID zu vergeben und das Objekt im Werkzeugmanagement anzulegen, dauert dann etwas länger.
9. Wie wird Connected Manufacturing angenommen?
Schwenk: Die Unternehmen sind interessiert, aber noch etwas zurückhaltend. Die Vorteile sprechen aber wirklich für sich. Die Mühlhoff Umformtechnik GmbH hat 2020 Connected Manufacturing installiert und insgesamt ihre Nebenzeiten um 30 % gesenkt. Im Zug der Einführung hat Mühlhoff alle Prozesse auf den Prüfstand gestellt. Also das ist schon ein etwas größeres Projekt gewesen. Die Entwicklung ist noch sehr jung, aber schon jetzt positiv.
10. Wie hat sich die Pandemie bei Ihren Kunden ausgewirkt?
Schwenk: Unterschiedlich. Trotz Corona-Krise ist bei vielen Kunden die Fertigung weitergelaufen. Wenn die Auftragslage gesunken ist, dann bedeutete das, dass weniger oder gar keine Sonderschichten eingelegt werden mussten. Viele unserer Kunden arbeiten immer am Limit. Alles, was ihre Arbeit effizienter gestaltet, ist für sie eine echte Hilfe. Aber die Einführung von Connected Manufacturing ist häufig ein umfassendes Projekt, das macht man nicht mal so nebenher.
11. Was ist bei der Installation von Connected Manufacturing die Herausforderung?
Frank: Generell ist Connected Manufacturing so entwickelt, sich modular und möglichst schlank implementieren zu lassen, so dass kein initialer Riesenaufwand entsteht. Dennoch sind einige Vorarbeiten notwendig, wenn Transparenz über den gesamten Fertigungsprozess erreicht werden soll. Dies betrifft zum Beispiel die CAM-Datenbank. Möglichweise müssen hier erst Strukturen geschaffen werden, indem beispielsweise die einzelnen Werkzeuge benannt werden.
12. Wie hat die Mühlhoff Umformtechnik GmbH das umgesetzt?
Schwenk: Unsere Mitarbeiter waren zu Beginn vor Ort und waren natürlich immer da, wenn Hilfe gebraucht wurde. Außerdem wurde von Mühlhoff ein interner Mitarbeiter für 3 Monate mit der Bereinigung und Optimierung der Fertigungsprozesse beauftragt. Die Mitarbeiter waren insgesamt sehr motiviert, weil sie fortan mit Tablets arbeiten konnten, und haben die Prozesse mitgetragen.
13. Smarte Werkzeuge sind eine zentrale Komponente von Industrie 4.0. Wie stehen die deutschen KMUs zu Industrie 4.0?
Benzer: Wer zu uns kommt, ist ja schon überzeugt von RFID. Aus unserer Sicht ist RFID als Technologie angekommen; die Nachfrage hat sich stabilisiert. Es gibt einen starken Trend in der Werkzeugtechnik und in der Medizintechnik. Lesefähigkeit mit dem Smartphone ist ein wichtiges Thema zur Zeit.
Frank: Aus unserer Sicht ist das ein bisschen anders. Unser Zielkunde ist der klassische Mittelständler mit zwischen 2 und 30 Fertigungsmaschinen, und in dieser Gruppe ist der Digitalisierungsstand ehrlich gesagt unterdurchschnittlich. Eine Änderung wird oft erst möglich mit einem Generationenwechsel in der Führung.
14. Gibt es einen Zwischenschritt, den Unternehmen gehen können, so dass es einfacher ist, Connected Manufacturing zu implementieren?
Frank: Connected Manufacturing ist unter anderem deswegen modular, damit Kunden es je nach eigenem Digitalisierungsstand und langsam im laufenden Betrieb aufbauen können. Es kann zum Beispiel die Aufgaben der Auftragsverwaltung übernehmen. Gerade für die Kunden, die nach wie vor mit der Laufkarte in der Fertigung und eher papiergetrieben arbeiten, ist das ein guter Einstieg in Connected Manufacturing.
Andere Kunden haben bereits ein ausgeklügeltes ERP-System und sie könnten direkt in die Phase der Werkzeugverwaltung einsteigen. Es eignet sich wirklich für Jeden.