OPC Foundation

OPC UA – Brücke vom Sensor bis in die Cloud und zurück

Stefan Hoppe, Präsident von OPC Foundation
Interview

Neues bei der OPC Foundation?

Für die OPC Foundation wird es eine Herausforderung sein, die weltweite OPC UA-Bewegung zu kanalisieren und alle Aktivitäten in Einklang mit Firmen und Verbänden strukturell zu koordinieren. Reinen Datenprotokollen wird zukünftig eine untergeordnete Rolle zukommen, so Stefan Hoppe.
INTERVIEW MIT STEFAN HOPPE

Bevor Stefan Hoppe Ende 2018 zum Präsidenten der OPC Foundation ernannt wurde, war er von 2010 an Präsident von OPC Europe und seit 2015 OPC Global Vizepräsident. Wer Stefan Hoppe persönlich kennen gelernt hat, weiß, dass OPC UA für ihn kein Job, sondern eine Mission ist.

1. Herr Hoppe, warum sind die aktive Mitarbeit in Arbeitsgruppen und der Dialog der OPC Foundation Mitglieder der Schlüssel für die effiziente Weiterentwicklung der Companion Specifications als Grundlage der digitalen Transformation?

Kaum jemand hätte noch vor wenigen Jahren erwartet, dass drei der größten Cloud- Anbieter – Google Cloud, Microsoft Azure und Amazon Web Services (AWS) – oder auch global führende Halbleiterhersteller wie Intel, NXP, Qualcomm und Microchip, zusammen mit nahezu allen führenden Unternehmen der Automatisierungsbranche als Anbieter von Lösungen unter dem Dach der OPC Foundation kooperieren. Nicht zu vergessen mit den Endanwendern wie BMW, Foxconn, L’Oréal, Miele, Samsung und Volkswagen.

Alle eint das Ziel in einer globalen Allianz an der Zukunft der sicheren und industriellen Interoperabilität zu arbeiten. OPC UA liefert dabei nicht nur die sichere Übertragung von Daten über alle Ebenen von Sensoren bis zur Cloud – die Mitglieder standardisieren auch mit Partner-organisationen die zu übertragenden Daten und deren Bedeutung in Companion Spezifikationen – dies ist der wesentliche Schlüssel für die Digitalisierung. Alles zusammen zeichnet das die OPC Foundation als weltweit größtes Ökosystem für sichere, industrielle Interoperabilität aus.

2. Aktuell wird global an der OPC UA FX (Field eXchange) Specification Extension gearbeitet. Ist das „mehr“ als nur eine weitere Arbeitsgruppe unter dem Dach der OPC Foundation?

2018 wurde die Field-Level- Initiative (FLC) gestartet: 27 führende Automationsunternehmen und Technologieanbieter führen die Gruppe an. Insgesamt 300 Experten von 60 OPC-Mitgliedsunternehmen arbeiten in verschiedenen Gruppen an der Erweiterung von OPC UA, um alle Anforderungen der Feldebene zum Beispiel auch Echtzeit, Safety und Motion zu erfüllen. Dabei geht es auch um die Harmonisierung der Anforderungen aus der Prozess- und Fabrik-Industrie. In der Prozessindustrie glauben wir fest an die Relevanz von Ethernet APL, welches von der Edge in die Feldebene skaliert und so für OPC UA der ideale Wegbereiter ist, um auch in der Prozessindustrie bis in die Feldgeräte zu wachsen.

Wir arbeiten also an „einer OPC UA basierten Feldlösung für (fast) alles“. Eine vergleichbare Initiative hat es in dieser Intensität noch nie gegeben. Erstes Ziel dieser OPC UA Erweiterung ist die Realisierung einer standardisierten horizontalen Controller- zu-Controller Kommunikation – anschließend folgt die Erweiterung von Controllerzu- Device und auch zwischen einzelnen Geräten. Ende diesen Jahres wird es das erste öffentliche Demo auf der SPS Messe geben.

3. Warum benötigen industrielle Netzwerke Echtzeitfähigkeit, beispielsweise über 5G?

Standard-IT-Netzwerke sind nicht dafür ausgelegt, sicherzustellen, dass Daten zu bestimmten Zeitpunkten bereitgestellt werden müssen. Aber exakt diese Anforderung besteht im Bereich der industriellen Echtzeit- Automatisierung. OPC UA garantiert zwar die Interoperabilität, bietet heute aber keine deterministische Übertragung von Daten. Diese Quality-of-Service (QoS) Möglichkeit liefern aber die TSN und auch die 5G Infrastruktur als unterlagerte Transportschicht.

Die Kombination OPC UA „over TSN“ oder „over 5G“ ermöglicht Daten mit geringstmöglichen Latenzen innerhalb einer garantierten Zeitspanne zu übertragen. Als Beispiel benötigen mobile Roboter eine verlässliche Kombination von wireless-und kabelgebundener deterministischer Kommunikation.

Die OPC Foundation kooperiert hier mit der 5G-ACIA Initiative, um alle diese Anforderungen der echtzeitfähigen Datenkommunikation mit einem garantierten QoS auch über hintereinandergeschaltete, verschiedene Transportwege per Kabel oder WLAN mit integrierter Ende-zu-Ende Security zu bearbeiten. Als Ergebnis wächst OPC UA mit TSN und 5G in neue Einsatzgebiete.

4. Woran arbeitet die OPC Foundation aktuell zusätzlich?

Die Arbeiten sind vielfältig und beschränken sich keinswegs nur auf die Erweiterung von OPC UA in der Feldebene. Neben vielen Detail-Erweiterungen sind diese 3 wesentlichen Schwerpunkte zu nennen:

  • Die vertikale Skalierung von OPC UA bis in die Cloud (und zurück),
  • die Anbindungen an Digitale Zwillinge, Verwaltungsschalen und Cloudto- Cloud Systeme und
  • die Fortführung der Harmonisierung der riesigen Anzahl der Companion Spezifikationen.

Zum Thema Cloud ist heute zu wenigen Menschen bewusst, dass OPC UA viel mehr als die letzte Meile zu Geräten ist: Neben dem Transport über TCP oder UDP wird auch über „UA over MQTT“ bis in die Cloud (und zurück) skaliert und bietet dabei auch OPC UA REST API Schnittstellen. Der Aspekt „in die Cloud und zurück“ wird nun speziell in einem OPC UA IoT Starter Kit auf Basis eines Raspberry PI adressiert und erstmals am 9. Juni am „OPC Day International“ vorgestellt.

Neben der Einfachheit von OPC UA auf einem PI zeigt es eben auch die Wichtigkeit von standardisierten Daten – viel mehr als „nur schnell mal eben einen Prozesswert in einem eigenen Datenformat“ zu übertragen. Es geht auch um eingebaute Heartbeat Funktion (Totmann), automatisches Puffern von Daten bei Unterbrechung der Übertragung und mehr.

Das Thema „standardisierte Informationen“ ist auch ein wesentlicher Aspekt für die Themen Digitaler Zwilling und Verwaltungsschalen – reines Chaos wird erfolgen, wenn sich jeder beliebige eigene Datenstrukturen ausdenkt – so ist die sichere Übertragung von standardisierten und harmonisierten Informationen der Schlüssel für die Digitalisierung. Mit ca. 25 Partnern arbeiten wir in über 60 Gruppen (35 davon alleine von dem Schlüsselpartner VDMA) an der Erstellung von sogenannten Companion Spezifikationen.

Die Harmonisierung von überlappenden Datenstrukturen ist wichtig und zeigt Erfolge: „UA for Machinery“ ist ein Basisstandard – quasi das Typenschild der Maschinen – auf dem viele andere Standards aufsetzen und an jeder Maschine wiederzufinden sein wird.

5. Wie kann jemand, der auf der Suche nach einer Lösung, aber (noch) kein OPC UA Experte ist, die Anwendungspotenziale am besten bildlich vorstellen?

Die Analogie zum Lego-Bausteinkasten passt ganz prima: OPC UA ist eine Sammlung von technologischen Funktionalitäten – es gibt Bausteine für das Erkennen von Geräten, das Auslesen von Diensten und Daten, für die Modellierung von Daten und Schnittstellen.

Für die Übertragung gibt es diverse „Protokoll- Bausteine“ wie TCP, UDP, MQTT oder APL, TSN, 5G, Wifi6 und natürlich einen ganzen Rutsch von Security Bausteinen. Uns Anwendern wird dieser wilde Haufen von Bausteinen in fertig zusammen gestellten „Erlebnis- Baukästen“ angeboten – für den Bauernhof, das Schiff, die Burg – kauft man das, klappt es immer – nichts fehlt. Und genauso gibt es in der technischen Welt die Companions Spezifikationen mit dem passenden Satz von OPC UA basierten Bausteinen, welche den Roboter oder einen RFID Reader beschreiben und zur Interaktion notwendig sind.

Dabei gibt es auch die große Basisplatte, die immer Grundlage ist von allem – und der verpflichtende Basissatz von Legobausteinen, damit alle das Interoperabilitätversprechen auch erleben können. Andere Bausteine sind optional, diese Bausteine erlauben, den Flexibilitätsgrad in den Anwendungen zu erhöhen: der Bauernhof hat eben noch Kühe, diese sind im Paket „Schiff“ nicht enthalten. Die OPC Foundation passt aber auf, dass die Seemänner vom Schiff von der Größe zu den Bauern passen – gegebenenfalls wollen die dort ja mal zur Brotzeit einkehren und müssen dort an den Tisch passen.

Mit anderen Partnern, wie dem VDMA, sind wir dabei über 60 Companion Pakete zu erstellen – und immer mehr Organisationen wollen das auch – wir starten ständig neue gemeinsame Gruppen – aktuell mit Spectaris für die Labor-Analysegeräte. Man sollte jetzt aber verstanden haben, dass OPC UA viel mehr als ein Protokoll ist – eben ein Framework for Interoperabilität.

Eine Abstraktionsebene höher haben wir dann vier überzeugende Angebote die einzigartig sind in der Welt:

  • OPC UA als sicheres, offenes, IEC basiertes Framework mit eingebauter Sicherheit und der Fähigkeit, Daten zu modellieren und sicher zu transportieren
  • Dem aus unserer Sicht größten Interoperabilitäts Ökosystem der Welt
  • Der Einbindung von Basistechnologien wie 5G, IEEE‘s TSN oder Ethernet APL und SPE
  • Die größte Sammlung (Stand heute über 60) von OPC UA basierten Informationsmodellen

Diese vier Teile bilden zusammen den Lösungsansatz, den die OPC Foundation der Fabrikautomation, der Prozessindustrie und anderen Branchen anbietet. OPC UA zusammen mit den OPC UA FX Spec Erweiterungen garantieren also eine harmonisierte Lösung und skalieren vertikal bis in die Cloud – einmalig in der Welt!

Die Bohrinsel Johan Sverdrup in der Nordsee ist vollständig OPC UA kompatibel
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