Mit integrierten Transpondern werden selbst kleinste Gummi-Komponenten zu Bausteinen im industriellen IoT!
In einem hausinternen Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das über zwei Jahre dauerte, wurde bei Dätwyler die Integration der RFID-Technologie direkt in Bauteilen aus Elastomeren erforscht.
Elastomere sind formfeste, aber biegsame Kunststoffe, die sich durch Ziehen in andere Formen bringen lassen. Nach der Verformung erlangen sie aber wieder ihre ursprüngliche Form zurück. Elastomere werden in der Reifen- oder Dichtungsherstellung verwendet.
Im Interview mit RFID im Blick berichten Dr. Norbert Haberland, Head of Cooperation & Business Development, und Sven Gisler, Advanced Technology Development Manager, Dätwyler, welche Ergebnisse das Forschungsprojekt erbracht hat und warum die Integration von RFID so interessant ist.
Wozu eine 100-prozentige Rückverfolgbarkeit von Elastomeren?
„Dichtungen aus Elastomeren werden beispielsweise beim Betrieb von Maschinen oder Motoren eingesetzt“, erklärt Dr. Haberland. Der Verschleiß oder die mindere Qualität einer Dichtung kann weitreichende Folgen haben, wenn dadurch die Maschine ausfällt oder sogar beschädigt ist. Auch Haftungs- und Versicherungsfragen ergeben sich daraus.
„Deshalb ermöglicht eine 100-prozentige Rückverfolgbarkeit auf Einzelteilebene das Monitoring der Dichtungen. Für jedes einzelne Bauteil kann exakt jeder Fertigungsschritt nachvollzogen werden. Damit wird der Nachweis erzeugt, dass eine Dichtung zu 100 Prozent in Ordnung ist und den Ausfall der Maschine nicht verursacht hat. Mit integrierten Transpondern werden selbst kleinste Gummi-Komponenten zu Bausteinen im industriellen IoT.“
Fälschung von Elastomeren mit RFID fast unmöglich
Produkte aus Elastomeren von Dätwyler kommen weltweit zum Einsatz. Und wie in jedem industriellen Bereich, sind auch Bauteile aus Elastomeren von Produktfälschungen betroffen Das gilt gleichermaßen für Systeme, in die diese Elastomere integriert werden.
„Die Integration von RFID-Chips stellt potenzielle Fälscher vor zwei Hürden. Erstens müsste eine exakte Kopie des Tags angefertigt werden und zweitens ist die Einbringung in das Elastomere Material ein hochkomplexer Prozess, der ohne Know-how kaum zu reproduzieren ist“, erläutert Dr. Haberland. Die Lösung von Dätwyler unterstützt somit indirekt auch bei der Aufdeckung gefälschter Systeme.
Integration von RFID in Gummibauteile ist nicht trivial
Ist die Integration von RFID-Tags in Kunststoffbauteile oder Verpackungen seit vielen Jahren möglich, stellen Materialien aus Elastomeren spezifische Herausforderungen an die Einbettung der Tags. „Die Präzision der Tag-Platzierung bei der Einbettung muss absolut exakt sein“, wie Gisler ausführt. „Zu diesem Zweck haben wir ein eigenes Verfahren entwickelt.“ Ein einsatzfähiger Demonstrator ist das Ergebnis der Entwicklungsarbeit. Er realisiert die Einbettung von speziell entwickelten Tags unter industriellen Fertigungsbedingungen.
Platzierung stellt exakt wiederholbare Erfassung sicher
Den größten Anteil der Forschungsaktivitäten nahm die Platzierung der Tags im Elastomer-Produktionsprozess ein. Die Wiederholbarkeit der immer gleichen Positionierung der Tags im Endprodukt stellt sicher, dass die Tags immer im gleichen Winkel und Abstand mit speziell entwickelten Reader-Antennen erfasst werden.
„Der von uns konzipierte Prozess hält den Tag währen des Spritzgusses an einer vorgegebenen Position. Der Tag kann somit nicht an den äußersten Rand gedrückt werden, wo er nicht mehr vor äußeren Einflüssen geschützt ist. Wäre das der Fall, könnte auch die Zielsetzung des Fälschungsschutzes nicht realisiert werden“, berichtet Sven Gisler.
Technologie der Wahl: UHF-RFID
Bei den verwendeten Tags setzt Dätwyler auf UHF-RFID-ICs, die, je nach Bauteilform und -größe mit einer individuell konzipierten Antenne verbunden werden. Die Lesereichweiten fallen aufgrund der kompakten Tag-Größen geringer als bei „klassischen“ UHF-Logistikanwendungen aus, liegen aber dennoch über denen von HF-Tags. Auch ist mit der UHF-Technologie eine Pulkerfassung effizient möglich.
Eine „Standardlösung“ wird es nicht geben
Dr. Haberland und Gisler unterstreichen, dass der entwickelte Demonstrator voll einsatzfähig ist und Prototypen produziert werden können, um die Funktionsweise der Lösung zu demonstrieren. „Für jedes Bauteil wird in Abstimmung mit dem Endanwender festgelegt, in welchem Bereich entsprechende Tags integriert werden können. Für jedes Bauteil ist eine eigene Anwendungsentwicklung notwendig. Die Technologie – Nachweis der Machbarkeit, Reproduzierbarkeit, Funktionsweise – ist jetzt bei Dätwyler gegeben.“
Zukunft: RFID in Elastomerkomponenten bis hin zu elektroaktiven Polymeren
Die Dätwyler-Abteilung Advanced Technologies verantwortet den gesamten Bereich der Evaluation und Entwicklung zukunftsweisender Technologien – von der additiven Fertigung, über gedruckte und integrierte Elektronikkomponenten bis zu elektroaktiven Polymeren.
„Wir haben eine Technologie Roadmap etabliert. Wir haben die Schlüsseltechnologien für Dätwyler definiert, die wir zukünftig in den Fokus nehmen wollen und neu für unsere Produkte und Lösungen erschließen. Auf dieser Roadmap ist die RFID-Technologie einer der wichtigen Bausteine“, unterstreicht Dr. Haberland.