Globaler Halbleitermangel
Die Komplexität der Halbleiterherstellung
Maschinen wie die von ASML kosten ca. 120 Millionen Euro, sind groß wie ein Bus und müssen mit drei Frachtflugzeugen geliefert werden – ohne Sie ist das höchste Level der Halbleiterherstellung nicht möglich. Bild: ASML
Von der Planung der Produktionserweiterung bis zum ersten hergestellten Chip vergehen mindestens anderthalb Jahre
Chipproduktion erfordert globale Wertschöpfungsketten und spezialisiertes Know-How
Die Halbleiterindustrie ist konsolidiert, sodass weltweit nur noch wenige Firmen das höchste Level in der Wertschöpfungskette bedienen können. Die drei größten Halbleiterhersteller Samsung, Intel und TSMC kommen aus Südkorea, den USA und Taiwan. TSMC ist mit einem Marktanteil von über 55 % im Bereich Auftragsfertigung die größte Foundry der Welt.
Hochkomplexe Maschinen zur Halbleiterherstellung kommen von ASML aus den Niederlanden. Deren Lieferung kann über neun Monate dauern und kostet ca. 120 Millionen Euro pro Stück. Ohne diese Maschinen könnten 80 % der weltweiten Chiphersteller, die Kunden von ASML sind, nicht produzieren. ASML ist seinerseits auch von Zulieferern abhängig.
Die deutschen Unternehmen Zeiss, Trumpf und Jenoptik zum Beispiel arbeiten mit ASML zusammen. Trumpf liefert die Kohlendioxidlaser für die EUV-Scanner der ASML-Maschinen. Die Wertschöpfungskette für Halbleiter funktioniert nur international. Keine Region der Welt ist auch nur ansatzweise im Bereich einer selbstständigen, autonomen Fertigung angelangt. Sowohl Herstellungsbetriebe als auch Zulieferer für hochspezialisierte Komponenten sind auf der ganzen Welt verteilt.
Fertigungsstätten in der Globalen Supply Chain vom Welthandel abhängig
Abhängigkeiten der Hersteller entstehen nicht nur aufgrund der geografischen Verteilung der Technologiezentren. Die Halbleiterindustrie benötigt reibungslos funktionierende Lieferketten zwischen den Standorten. Spürbare Erschütterungen wurden von Ereignissen wie dem Vulkanausbruch in Island, der den Flugverkehr beeinträchtigte, dem querstehenden Schiff im Suezkanal sowie der Reaktorkatastrophe von Fukushima und der Coronapandemie ausgelöst.
Ausbleibende Fertigung oder Lieferungen der hochspezialisierten Bauteile, die wiederum von Standortspezifischen Rohstoffen abhängen, führen zu schwerwiegenden Versorgungsengpässen in sämtlichen nachfolgenden Produktionsschritten sowie in den von der Halbleiterherstellung abhängigen Industrien.
Inbetriebnahme neuer Produktionskapazitäten für Mitte 2022 geplant
Bereits Anfang 2021 lief die Planung neuer Produktionslinien für Halbleiter, deren Start für Mitte 2022 geplant ist. Lange Wartezeiten entstehen durch hohe Anforderungen in der komplexen Technik- und Maschinenherstellung. Für die Herstellung müssen Reinraumbedingungen geschaffen werden, durch kleinste Unreinheiten würden die Halbleiter unbrauchbar. In bis zu 1200 seperaten Produktionsschritten werden die Halbleiter über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten gefertigt.
Die benötigten Maschinen wie die von ASML haben Ausmaße eines Busses und müssen mit drei Frachtflugzeugen transportiert werden. Eine zweistellige Milliardensumme muss für den gesamten Aufbau und Implementierung einer neuen Produktionslinie zur Kapazitätserhöhung aufgebracht werden. Rentabel sind die Kapazitätssteigerungen nur, wenn langfristig eine Auslastung von mindestens 85 Prozent erreicht wird.
Die Halbleiterindustrie ist global vernetzt und hochsensibel – Störungen der Transport-, Wertschöpfungs- und Lieferketten wie die auf Grund gelaufene „Ever Given“ im Suezkanal gefährden den eng getakteten Ablauf.