Interview
Begeistert von der Ortungsgenauigkeit
RFID im Blick sprach mit Timothy Harrington, dem Vorsitzenden der UWB Alliance, über die Potenziale und Geschichte der UWB-Technologie sowie die Ziele und Aufgaben der UWB Alliance.
INTERVIEW MIT TIM HARRINGTON
Timothy Harrington ist der Vorsitzende der Ultra Wide Band (UWB) Alliance und stellvertretender Vorsitzender von ETSI TGUWB. Die UWB-Alliance widmet sich der Erweiterung des regulatorischen Umfelds für UWB-Produkte und Koexistenzstrategien für die gemeinsame Nutzung des Spektrums mit anderen RF-Geräten und -Diensten. Zuvor war Timothy Harrington Vice President of Hardware Product Strategy bei der Zebra Location Solutions Group, einem Hersteller von Echtzeit-Ortungssystemen (RTLS). Außerdem war er 16 Jahre lang als VP of Product Strategy bei WhereNet tätig und entwickelte dort die ersten kommerziell erhältlichen RTLS-Produkte.
1. Die UWB Alliance ist eine junge Organisation. Wann und warum wurde sie gegründet?
Die UWB Alliance feierte ihre Gründungsversammlung im März 2018. Ich war der Vorsitzende der IEEE 802.15.4z Task Group, in der wir an der Verbesserung der UWB-Standards gearbeitet haben. Als nur noch etwa sechs Monate bis zur Veröffentlichung des .4z-Standards blieben, beschlossen einige Unternehmen aus der Task Group, in einem neuen Forum weiter zusammenzuarbeiten. Dies war der Beginn der UWB Alliance.
2. Welche Ziele verfolgt die UWB Alliance?
Als Organisation ist es unser Ziel, regulatorische Veränderungen in den USA, der EU und anderen Regulierungsregionen zu bewirken. Ich bin auch stellvertretender Vorsitzender der europäischen ETSI TGUWB, wo wir uns ebenfalls auf UWB konzentrieren.
Die Allianz widmet sich der Erweiterung des regulatorischen Umfelds für UWB-Produkte und der Entwicklung von Koexistenzstrategien für die gemeinsame Nutzung von Frequenzen mit anderen HF-Geräten und -Diensten. Mitglieder und Mitarbeiter arbeiten auch mit dem IEEE zusammen.
3. Da Sie die gemeinsame Nutzung des Spektrums mit anderen HF-Geräten erwähnen – verursacht UWB Interferenzen?
Das ist nicht der Fall, aber ich kann verstehen, warum man das denken könnte. Diese Bänder werden bereits von so vielen Nutzern belegt. Aber UWB ist anders. Die meisten Technologien verwenden modulierte Funkwellen als Träger für kodierte Daten. UWB ist extrem leistungsschwach und überträgt kleine Informationseinheiten mit Impulsen von Nanosekundenlänge, die die anderen Übertragungen überlagern.
Da UWB-Pulse ein ähnliches Rauschen wie ein Computer erzeugen, können sie problemlos innerhalb des Frequenzbandes koexistieren. Die Impulsmethode stellt sicher, dass die UWB-Signale andere Funktechnologien nicht stören und deren Störungen widerstehen. Das macht UWB so robust.
4. Wofür kann UWB eingesetzt werden?
Als die Technologie Anfang der 2000er Jahre erstmals zugelassen wurde, wurde sie für Anwendungen mit geringem Umfang eingesetzt. Vieles davon war industriell und einiges wurde im Sport eingesetzt. Mit dem IEEE 802.15.4f-Standard wurde UWB für die Sportverfolgung in allen NFL-Stadien eingesetzt. Die NFL verfolgt die Spieler und den Football. Der Ball wird etwa 2.000 Mal pro Sekunde geortet, während er durch die Luft geworfen wird, die Spieler werden etwa 12 Mal pro Sekunde geortet. Die Ortung war also eine Schlüsselanwendung. Mit der Integration in Smartphones durch praktisch alle großen Hersteller hat sich die Bandbreite der Anwendungen jedoch stark erweitert.
5. Warum ist UWB bei der Ortung erfolgreicher als andere Technologien?
UWB ist einfach extrem genau. Ich habe mich bei einem Unternehmen namens WhereNet, das von Zebra Technologies übernommen wurde, mit der Ortung mit Breitbandtechnik beschäftigt. Diese Technologie arbeitete im 2,4-GHz-Band, sah also aus wie RFID, konnte aber so viel mehr als RFID. Zusammen mit AIM nannten wir es Real Time Locating Service, RTLS. Das war der Anfang für industrielle und militärische Anwendungen sowie für die Logistik. Damals war ich sehr begeistert von der hohen Ortungsgenauigkeit. Bei 2,4 GHz konnten wir nur bis auf 30 cm genau sein, aber heute sprechen wir bei UWB von einer Genauigkeit von circa 1 cm.
6. Gibt es neben der Ortung noch andere Einsatzmöglichkeiten für UWB?
Ja, natürlich! UWB ist inzwischen sehr weit verbreitet. iPhones verfügen seit der Serie 11 über UWB und auch Samsung-Geräte sind UWB-fähig. Anstelle eines Schlüsselanhängers kann das Telefon jetzt das Auto öffnen und starten. Mobile Payment wird gerade mit UWB erprobt. Apple nutzt UWB auch für AirDrop und den AirTag. Es gibt außerdem viele Smart Home-Anwendungen.
7. Wird UWB auch noch in der industriellen Fertigung eingesetzt?
Ja, vor allem in der Automobilherstellung werden UWB-Transponder eingesetzt. BMW zum Beispiel verwendet es am Fließband. Es kommen verschiedene Fahrzeuge auf das Band, und die Drehmomenteinstellungen der kabellosen Werkzeuge müssen für jedes von ihnen unterschiedlich sein. Deshalb tragen die Fahrzeuge vorne UWB-Tags. Das UWB-System identifiziert das einzelne Fahrzeug und sendet eine Nachricht, die automatisch die Drehmomenteinstellungen der Anlage für den jeweiligen Fahrzeugtyp anpasst, was eine Menge Zeit spart.
8. Was würden Sie sagen: Ist die Geschichte von UWB eine Erfolgsgeschichte?
Es sieht mittlerweile wirklich so aus! Bis 2019 wurden pro Jahr nur mehrere Zehntausend UWB-Chips und Geräte verkauft. Die Nachfrage ist seitdem enorm gestiegen. 2020 wurde allein das iPhone 11 64 Millionen Mal verkauft. Gemeinsam mit dem 12, 13 und dem Samsung 21+ befinden sich hunderte Millionen UWB-Geräte im Umlauf.